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Bräuche und Traditionen pflegt man auch auf Rügen. Neben Osterbräuchen und Weihnachtstraditionen, erzählt man sich zudem auch gern Geschichten. So soll Klaus Störtebeker angeblich mit einem stattlichen Schatz auf Rügen begraben worden sein.
Ostern und Weihnachten sind, wie überall im Kalender der Deutschen, Feste, die mit zahlreichen Bräuchen und Traditionen verbunden sind. An Ostern lodert in Binz die beliebte Osterfeuer-Meile. Vielerorts sind Bäume und Sträucher mit bunten Eiern geschmückt. Auf der Halbinsel Mönchgut hat sich mit den Eier kullern ein besonderer Brauch erhalten. Eier, welche die Talfahrt am Schafberg nicht heil überstehen, werden auf der Stelle verspeist. Dass an Weihnachten süße Gaben verteilt werden, ist ein alter winterlicher Kultbrauch. Einst waren vermummte Tiergestalten dafür verantwortlich. Knecht Ruprecht hieß auf der Halbinsel Mönchgut “Rumprekker”. Er war maskiert und mit einer Rute bewaffnet. In den Händen hielt er einen Strumpf, der mit Holzasche gefüllt war. Die Geschenke wurden, begleitet von den Worten: “Hu, Julklapp”, durch die Tür hereingeworfen. An den Weihnachtsabenden fanden vielerorts auf Rügen Umzüge statt. Der mit Äpfeln, Nüssen und Trockenpflaumen geschmückte kleine Tannenbaum wurde erst am ersten Weihnachtstag angezündet. Zum Festmahl wurde Schweinebraten mit Backpflaumen und Reis serviert.
Rügen ist weltoffen und mystisch zugleich. Stolze Bauten der Bäderarchitektur und lebendige Promenaden gehen Hand in Hand mit einsamen Alleen und stillen Kirchen. Die Menschen leben im Einklang mit der Natur und haben sich längst dem Fremdenverkehr geöffnet, doch dabei nicht verlernt, ihren Wurzeln treu zu bleiben und Sitten und Bräuche zu pflegen und zu bewahren. Der Sagenschatz der Insel führt uns zurück zu deren Entstehung. So soll Gott die Erschaffung der Welt beinahe abgeschlossen haben und von Bornholm aufs Meer geblickt haben. Etwas Erde war noch übrig und die Küstenlandschaft erschien dem Herrgott doch etwas kahl. So warf er den Erdklumpen ins Meer und glättete die Ränder, bevor er Feierabend machte und die größte deutsche Insel geschaffen und damit ein wahres Meisterwerk abgeliefert hatte.
Mystischen Spuren können Sie auch unweit der Stubbenkammer folgen. Hier bewohnte Göttin Hertha die Herthaburg. Die Göttin beschenkte die Bauern mit Früchten und fuhr mit einem Wagen durchs Land. Nach der Fahrt gönnte sich die Göttin ein Bad im nahen Waldsee. Die Diener, die ihr dabei zur Hand gingen, wurden im See ertränkt und ihre Geister versammeln sich noch heute am Ufer.
Klaus Störtebeker ist ein Mythos auf Rügen und nicht zuletzt durch die Störtebeker-Festspiele unsterblich. Sein Grab soll in der Maltziner Wiek, südlich von Zudar zu finden sein. Der Volksheld soll in einem goldenen Sarg liegen, an dem eine goldene Kette befestigt ist, die bis an die Erdoberfläche reicht. Viele haben sich schon vergeblich auf die Suche nach dem Schatz gemacht, doch einer kennt die Antwort. Ein einziger Fischer in den Küstenorten weiß davon, doch er verrät sein Geheimnis niemals.
Auch wenn es für Besucher oftmals nur schwer zu verstehen ist, wird die Rügener Version des Niederdeutschen vornehmlich von älteren Rüganern gepflegt. Ansonsten ist das Mecklenburgische weit verbreitet und zaubert Zuhörern beim gemächlichen und breiten Klang ein Lächeln auf die Lippen.
Keine Sorge, auf Rügen versteht man sich auf Anhieb, schon allein, weil vielerorts gut verständliches Hochdeutsch gesprochen wird. Auch der mecklenburgische Dialekt ist Zugereisten nicht unverständlich. Etwas anders verhält es sich mit der plattdeutschen Mundart, die besonders ältere Insulaner noch beherrschen. Plattdeutsch als eigene Laut- und Schriftsprache ist in verschiedene Dialekte unterteilt. Die Sprache der Insulaner wurde weiterhin auch von den Schweden, Dänen oder Preußen beeinflusst. Auch die Seefahrer brachten von ihren Reisen immer wieder neue Eindrücke mit, die sich nicht selten im Sprachgebrauch manifestierten. Die alten Bauern und Fischer philosophieren nicht selten in Platt. Wer neu auf die Insel kommt, wird sein Hochdeutsch schnell ein Stück weit an den Inseldialekt verlieren und der Rügener Sprachkultur ein neues Kolorit hinzufügen.
Wenn Sie sich gern näher mit der Plattdeutschen Sprache auf Rügen auseinandersetzen möchten, dann sei Ihnen der von Renate-Hermann-Winters verfasste Sprachatlas für Rügen und die vorpommersche Küste empfohlen. Die Germanistin ist seit vielen Jahren allen Facetten des Niederdeutschen auf der Spur. Auf über 80 Sprachkarten wird die Verbreitung und Variation der plattdeutschen Wörter und Wendungen auf der Insel anschaulich dargestellt. Dabei werden Sie auf verschiedene Inselwörter, wie “Tüffel” für Kartoffel oder “Brauder” für Bruder stoßen und auch erfahren, dass man Rügen auch als “Muttland” bezeichnet.
Die Mönchguter Tracht ist die einzige Tracht, die bis in die heutige Zeit überliefert worden ist. Das einfache Bauerngewand war in erster Linie zweckmäßig und schlicht gestaltet. Heutzutage wird sie noch vormäßig von Rügener Trachtenvereinen zur Schau gestellt und kann im Göhrener Heimatmuseum angeschaut werden.
Im Göhrener Heimatmuseum wird mit der Mönchguter Tracht ein wahres Inselsymbol aufbewahrt. Ansonsten sind Trachten auf entsprechende Volksfeste oder Auftritte der Trachtenvereine und Volkstanzgruppen reduziert. Die Mönchguter Tracht ist ein Aushängeschild des Fremdenverkehrs. Während der DDR-Ära zierte das historische Gewand sogar eine Briefmarke. Es war dennoch kein leichtes Unterfangen, die Tracht in all ihren Einzelteilen originalgetreu zusammen zu tragen und letztendlich im Museum der Öffentlichkeit zu präsentieren.
Glanzvoll wäre dennoch das falsche Wort für die Mönchguter Tracht. Einfach und zweckmäßig lässt sich die Kleidung am ehesten beschreiben. Sparsamkeit und Anspruchslosigkeit sollten die Gewänder der Bauern- und Fischerfamilien verkörpern. Die Trachten wurden dabei meist von den Familien daheim hergestellt. Die Frauentracht besteht aus dunklen Oberröcken, aus einem Schnürleibchen und einer kegelförmigen Haube. Allein das Mieder wurde mit Perlen besetzt und gilt als eigentlicher Blickfang und einzige Zierde der Tracht. Die Männer auf Rügen trugen weite Kniehosen, bunt gestreifte Westen und eine Drillichjacke, die offen getragen wurde.
Die Geschichte der Trachten auf Rügen liegt dagegen weitgehend im Dunkeln. Die Mönchguter Tracht wurde erst um 1800 näher beschrieben. Es wird jedoch vermutet, dass die Ursprünge bereits im ausgehenden 16. Jahrhundert zu suchen sind. Da ähnliche Trachten um 1750 auch auf Hiddensee und Ummanz getragen wurden, wird angenommen, dass einst für die gesamten südlichen Ostseeküstengebiete eine mehr oder weniger einheitliche Tracht im Umlauf war. Dass die Tracht auf Rügen relativ lange überlebte, lässt sich damit erklären, dass die Halbinsel Mönchgut im Mittelalter im Besitz eines Klosters war. Anfang des 20. Jahrhunderts konnte man auf der Halbinsel noch etwa 10% der Einwohner in Tracht antreffen. Nach dem Zweiten Weltkrieg gehörte es zur Seltenheit, wenn noch einige Trachtenteile aus dem Familienerbe getragen wurden. In jüngerer Vergangenheit war es vor allem der Tanzgruppe Alt-Reddewitz und den Binzer Likedeelern zu verdanken, dass die Trachten auf Rügen nicht komplett in Vergessenheit geraten.